Warum Eigentümer:innen jetzt handeln sollten – und was die RESI in Bamberg vormacht
Die Bau- und Immobilienbranche steht vor einem Paradigmenwechsel: Weg vom linearen „Take-Make-Waste“-Modell hin zur zirkulären Bauwirtschaft. Ein zentrales Instrument auf diesem Weg ist der Gebäuderessourcenpass (GRP). Er schafft Transparenz über Materialherkunft, Recyclingfähigkeit und Rückbaupotenziale und bildet damit eine wichtige Grundlage für die ESG- und Nachhaltigkeitsbewertung.
Doch warum sollten Bauherr:innen bzw. Eigentümer:innen diesen Aufwand betreiben?
1. ESG, EU-Taxonomie und DGNB: Der GRP als Nachweisinstrument
Der GRP ist längst mehr als ein freiwilliges Nachhaltigkeitstool. Im DGNB-System 2023 bringt er wertvolle Punkte, für das QNG-System ist er angekündigt und für die EU-Taxonomie dient er als Nachweis für die Erfüllung von Umweltkriterien. Gerade institutionelle Investoren und Unternehmen mit ESG-Verpflichtungen profitieren von der transparenten Dokumentation.
„Wir bearbeiten Gebäuderessourcenpässe in der Regel im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie oder geförderten Projekten nach QNG – der GRP ist hier ein entscheidender Hebel für Ressourcenschonung und Wertsteigerung“, berichtet Magdalena Gold, Expertin für Kreislaufwirtschaft bei der Alpha IC und Projektleiterin bei der Erstellung des Gebäuderessourcenpass für die RESI.
Studien von JLL und EY zeigen*: ESG-konforme Gebäude erzielen bis zu 10 % höhere Marktwerte. Der GRP liefert dafür die nötige Transparenz. Darüber hinaus ist der GRP nicht nur regulatorisch relevant ist, sondern auch ökonomisch sinnvoll: Beim Neubau kann der Wert der verbauten Materialien bilanziell angesetzt werden – beim Rückbau lassen sich bis zu 30 % der Kosten einsparen, da Materialien nicht entsorgt, sondern weiterverwendet oder verkauft werden können.
2. Urban Mining: Ressourcen sichern statt verschwenden
Ein GRP schafft die Grundlage für Urban Mining – also die Wiederverwendung von Baumaterialien bei Sanierung oder Rückbau. Je besser die Materialdaten dokumentiert sind, desto einfacher wird die spätere Wiederverwertung. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern reduziert auch Entsorgungskosten.
3. Tools und Systeme: Madaster und Alternativen
Alpha IC nutzt derzeit Madaster zur Erstellung von GRPs, ist aber offen für andere Systeme – sofern Softwarelizenzen und Projektanforderungen dies zulassen. Wichtig ist: Der Fokus liegt auf der Materialtransparenz, nicht auf dem Tool selbst.
4. Praxisbeispiel RESI: Nachhaltigkeit beginnt bei der Planung
Auch bei unserem neuen Bürogebäude RESI haben wir mithilfe von madaster einen Gebäuderessourcenpass nach DGNB erstellt. Folgende Erkenntnisse konnten wir dabei zu unserem Gebäude gewinnen:
- Recyclingmaterialien: Bei der RESI wurde bewusst ein hoher mineralischer Anteil umgesetzt, um durch thermische Masse auf aktive Heiz- und Kühlsysteme verzichten zu können. Dies wurde bereits im Rahmen der Planung durch Simulation geprüft. Die konventionelle Bauweise reduziert jedoch üblicherweise den potentiellen Einsatz von Sekundär- und nachwachsenden Rohstoffen. Durch den Einsatz von RC-Beton konnten bei der RESI dennoch über 200 Tonnen Primärmaterialien eingespart werden.
- Verzicht von Materialien: Auch der bewusste Verzicht auf Materialien ist ein wichtiger Nachhaltigkeitsaspekt. Bei der RESI konnten rund 25 Tonnen Material eingespart werden, indem auf Innenputz verzichtet und Sichtbetonflächen umgesetzt wurden. Auch dieser Aspekt wird im Gebäuderessourcenpass transparent aufgezeigt.
- Zertifizierte Produkte: Auch wenn im Projekt RESI nur wenig Holz verbaut wurde, wurde dennoch darauf geachtet, dass das Holz möglichst nachweislich verantwortungsvoll erwirtschaftet wurde. Dies kann über entsprechende Siegel (z.B. FSC) und einer nahtlosen Dokumentation auf der Baustelle entsprechend dokumentiert werden und ist unter anderem auch in der Gebäudezertifizierung sowie dem QNG-Siegel relevant.
- Demontier- und Trennbarkeit: Die konventionelle Bauweise zeigt Schwächen in der Demontierbarkeit – das wird transparent im Gebäuderessourcenpass aufgezeigt. Im Projekt wurden zwar z. B. demontierbare Teppichfliesen eingesetzt, die aufgrund der massebezogenen Auswertung jedoch kaum merklich in die Bewertung einfließen. Positiv fällt hingegen die werkstoffliche Trennbarkeit auf, da überwiegend monomaterielle Baustoffe verwendet wurden. Dennoch gilt: Verklebte Schichten und Anhaftungen können die tatsächliche Recyclingfähigkeit stark einschränken, hier ist eine ganzheitliche Betrachtung entscheidend.
Die Erstellung des Gebäuderessourcenpasses hat gezeigt, dass derartige Nachweise umso besser umsetzbar sind, je früher sie implementiert werden. Im RESI Projekt wurde der Wunsch des Bauherrn nach einem Gebäuderessourcenpass zwar bereits früh formuliert. Die Anforderungen wurden jedoch im Planungs- und Bauteam nicht klar definiert, so dass es am Ende nicht mehr möglich war, ausreichend Dokumentation zur Verwertungsquote der Bauabfälle zu erhalten. "Diese Erfahrung zeigt, dass eine frühzeitige Implementierung entscheidend ist. Je früher im Projekt, desto besser lassen sich Potenziale und notwendige Dokumentationen auch beauftragen und sicherstellen“, so ein wichtiges Fazit aus dem Projektteam der Alpha IC.
Noch kein Branchen-Benchmark
Aktuell fehlt es noch an Branchen-Benchmarks, um GRP-Werte vergleichbar zu machen. Genau deshalb ist jedes dokumentierte Projekt ein wichtiger Beitrag zur Datenbasis. Die RESI geht mit gutem Beispiel voran und stellt Qualitäten und Kennwerte transparent zur Verfügung. So zeigt das Projekt unter anderem: Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können nachhaltiges Bauen wirtschaftlich umsetzen – die Baukosten lagen mit 2164 €/m² BGF gut 15 Prozent unter dem BKI-Durchschnitt mittlerer Standard.
Fazit: Der GRP ist kein Nice-to-have – sondern ein Must-have
Wer heute baut, muss morgen rückbauen können. Der Gebäuderessourcenpass ist das Werkzeug, das Eigentümer:innen, Planer:innen und Investoren dabei unterstützt, strategisch, nachhaltig und zukunftsfähig zu handeln. Alpha IC unterstützt Sie dabei – von der ersten Idee bis zur fertigen Dokumentation. Sprechen Sie uns an und machen Sie Ihr Projekt zukunftsfähig.
*) https://www.jll.com/de-de/insights/dekarbonisierung-von-immobilien-verhilft-zu-wertsteigerungen; zugegriffen am 18.09.2025; https://www.ey.com/de_de/newsroom/2024/04/ey-esg-snapshot-2024; https://www.ey.com/de_de/insights/consulting/mit-zirkularitaet-mehrwerte-schaffen