Klimarisiken in der Immobilienbranche – Wie wir Klimaschutz und Klimaanpassung zusammenbringen …, oder: Wenn schon Fassadenrenovierung, warum dann nicht Fassadenbegrünung inklusive?

Wie können wir mehrere Krisen mit einer Klappe schlagen?
Diese Frage stand im Zentrum unseres WertedialogPLUS am 31. Juli 2025. Gemeinsam mit 45 Kolleg:innen aus Deutschland und der Schweiz sowie externen Expert:innen diskutierten wir intensiv über Klimarisiken in der Immobilienbranche.

Mit dabei: Prof. Dr.-Ing. Regina Zeitner, Professorin für Workspace Management und Real Estate Engineering an der HTW Berlin und Partnerin der Forschungsplattform CC PMRE, Jakob Rickert, Geograph und Experte für Klimarisiken bei K.A.R.L.® (Köln.Assekuranz Risiko Lösungen) und unsere Kollegin Barbara Bestmann, Expertin für Green Building und Klimaanpassung bei Alpha IC.

Der Austausch zeigte eindrucksvoll: Klimaschutz und Klimaanpassung müssen zusammen gedacht werden – und das möglichst früh im Planungsprozess. Wie aktuell das Thema ist, zeigen die Ergebnisse der aktuellen JLL-Studie „Energieeffizienz und Resilienz prägen Mietentscheidungen“: „Klimarisiken, ESG-Ziele und hohe Energiekosten sind Schlüsselfaktoren für Mieter von Industrie- & Logistikunternehmen." *)

Gemeinsam stärker: Klimarisiken ganzheitlich betrachten

Seit mehreren Jahren arbeiten wir hier erfolgreich mit unserem Kooperationspartner K.A.R.L. – Köln Assekuranz Risiko Lösungen zusammen. Während K.A.R.L. wissenschaftlich fundierte Klimarisikoanalysen für Standorte und Immobilien durchführt, ergänzen wir diese Erkenntnisse mit unserer Beratung zu konkreten Anpassungsmaßnahmen im Gebäudesektor. So entsteht ein ganzheitlicher Blick auf Risiken, Potenziale und Handlungsoptionen – von der Analyse bis zur Umsetzung


Klimawandel: Realität anerkennen, Verantwortung übernehmen

Die wissenschaftliche Realität ist eindeutig: Das 1,5-Grad-Ziel gilt als überschritten. In Deutschland lagen die Temperaturen in den letzten beiden Jahren sogar über 2 °C über dem vorindustriellen Niveau.

Die Folgen sind spürbar – von Hitzewellen über Starkregen bis hin zu Gletscherabbrüchen. Allein in der jüngsten Hitzewelle in Westeuropa starben über 1.500 Menschen an den Folgen des Klimawandels.

Was jetzt? Laut IPCC rettet jedes Zehntel eingesparte Grad Leben, Lebensgrundlagen und Milliardenkosten. Wirksamer Klimaschutz muss mehr denn je höchste Priorität haben. Gleichzeitig müssen wir uns bereits jetzt an die Folgen des Klimawandels anpassen.


Gebäude im Fokus: Risiken erkennen, Resilienz stärken

Was bedeutet das für die Immobilienbranche? Laut einer aktuellen Prognos-Studie im Auftrag des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes müssen in den kommenden zehn Jahren zwischen 137 und 237 Milliarden Euro investiert werden, um Gebäude klimaresilient zu machen – vor allem im Bestand. Aber Klimaanlagen allein können keine Lösung sein. Sie erhöhen den Energiebedarf und damit indirekt die Emissionen – selbst bei Versorgung durch Solarstrom. Dabei spielen Standort, Gebäudetyp und -größe und die tatsächliche künftige Klimaerwärmung eine entscheidende Rolle.

Kleinere Gebäude wie Einfamilienhäuser sind besonders anfällig für hohe Schäden bei Naturereignissen. Anders sieht es bei größeren Objekten wie mehrgeschossigen Bürogebäuden aus: Ihre robustere Bauweise macht sie widerstandsfähiger gegenüber äußeren Einflüssen. Der Gebäudetyp – und damit auch seine sogenannte Vulnerabilität – spielt eine zentrale Rolle bei der Bewertung von Risiken.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Gefahr durch Überflutungen: In der Regel sind nur die unteren Etagen betroffen. Das bedeutet, dass bei größeren Gebäuden häufig nur ein Teil der Gesamtstruktur Schaden nimmt, was den prozentualen Schaden am Gesamtwert vergleichsweise gering hält (siehe Abbildung, Quelle K.A.R.L.).

Jakob Rickert bringt es auf den Punkt: „Es geht darum, künftig für eine Vielzahl von verstärkt auftretenden akuten sowie chronischen Klimagefahren gewappnet zu sein.“


Grün denken, klug handeln: Gebäudebegrünung als Schlüssel

Prof. Dr.-Ing Regina Zeitner betonte die Rolle des Facility Managements: „Klimaanpassungsmaßnahmen und der Schutz der Biodiversität gehen Hand in Hand.“ Den größten Hebel und Handlungsbedarf sieht sie im Bestand, hier könnten großflächige nachträgliche Begrünungen und Entsiegelung einen erheblichen Beitrag leisten.

Begrünte Dächer und Fassaden senken die Umgebungstemperatur, verbessern das Mikroklima, fördern die Artenvielfalt und reduzieren den Kühlbedarf. Auch das Wohlbefinden der Nutzer:innen wird durch die Bepflanzung gesteigert – ein echter Mehrwert, auch für Betreiber:innen. Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an die Bewirtschaftung und regulatorische Anforderungen wie z. B. Brandschutz und Abstandsflächen. Herausforderungen, die sich mit guter Planung meistern lassen.

Neubauprojekte sollten eine großflächige Begrünung von Anfang mitdenken und als gestalterisches Element nutzen, wie Roger Krieg, Verwaltungsratspräsident der Alpha IC Schweiz AG, einbrachte. Und wenn im Rahmen des Capex-Managements sowieso eine Fassadenrenovierung ansteht, dann macht es im Hinblick auf die oben genannten Vorteile absolut Sinn, eine Fassadenbegrünung zu prüfen und umzusetzen.

Klimarisikoanalyse frühzeitig durchführen, ganzheitlich planen

Es ist notwendig die Klimarisikoanalyse frühzeitig – idealerweise bereits zum Vorentwurf – durchzuführen. Nur so lassen sich angemessene und verantwortungsvolle Maßnahmen einer Resilienz-Strategie wirksam in die Planung integrieren.

Das zeigte sich auch bei der RESI, unserem eigenen Neubauprojekt mit starkem Fokus auf Klimaschutz und saubere Energiegewinnung. Unter der Begleitung von K.A.R.L. wurde die Klimarisikoanalyse für den Standort der RESI in Bamberg durchgeführt. Klimaanpassungsmaßnahmen wurden von Anfang an mitgedacht und im Rahmen des RESI Konzeptes umgesetzt – trotz komplexer Zielkonflikte im Planungsprozess: Besonders dicke Außenwände, eine smart geplante Fassadengestaltung mit optimierten Fenstergrößen und ein abgestimmtes Belüftungssystem ermöglichen es, im Sommer wie im Winter ohne Klimaanlage und Heizung angenehme Raumtemperaturen zu sichern.

Im Falle der RESI war eine Fassadenbegrünung nicht möglich. Die Zwänge zwischen erforderlicher Nutzungsfläche, Bebauungsgrenze und der gestalterischen Einfügung in den städtischen Kontext ließen die Entscheidung am Ende auf eine recycelte Ziegelfassade fallen.

 

Zielkonflikte erkennen – und Brücken bauen

Gebäudesimulationen helfen dabei, bedarfsgerechte und klimaschonende Maßnahmen zu identifizieren. Ob Solardach versus Dachbegrünung, Low-Tech-Konzepte versus Kühlbedarf oder Gestaltungsvorgaben versus Klimafunktion: Zielkonflikte sind im komplexen Planungs- und Bauprozess unvermeidlich. Entscheidend ist, sie im Gesamtkontext zu betrachten und gemeinsam mit allen Beteiligten tragfähige Lösungen zu entwickeln.

 

Fazit: Teil der Lösung werden

Verantwortungsvolle Klimaanpassung bedeutet, Klimaschutz und Biodiversitätsschutz mitzudenken – und das am besten von Anfang an. Denn wer heute klug plant, schützt nicht nur Gebäude, sondern auch Lebensräume und schafft echte Mehrwerte für Nutzer:innen und Umwelt, für eine lebenswerte Zukunft.

Noch scheinen sich viele nicht bewusst, wie groß die Chancen einer frühzeitigen Vorsorge tatsächlich sind. Dabei ist klar: Es ist immer günstiger, vorzubeugen, als im Schadensfall teuer nachzubessern.

Noch scheinen sich viele nicht bewusst, wie groß die Chancen einer frühzeitigen Vorsorge tatsächlich sind. Dabei ist klar: Es ist immer günstiger, vorzubeugen, als im Schadensfall teuer nachzubessern.


Ausblick

Mit unserem WertedialogPLUS haben wir einen starken Auftakt geschaffen. Wir wollen mit unseren Kooperationspartner:innen weiter an diesem Thema arbeiten. Der nächste Schritt: wir brauchen belastbare Gegenüberstellungen von Kosten und Nutzen von Begrünungsmaßnahmen.

Sie haben Anregungen und können Erfahrungen beisteuern oder möchten Ihre Gebäude zukunftsfähig machen? Kommen Sie auf uns zu!


*) Torres, P. (2025). Powering operational excellence. JLL. Abgerufen am 13. August 2025 von https://www.jll.com/de-de/insights/powering-operational-excellence